Mütter auf dem Arbeitsmarkt

Im Grunde war mein Lebenslauf echt vielversprechend: Ausbildung, Studium, 'ne Junior-Stelle in einer renommierten Agentur, zu gegebener Zeit ein Wechsel in den Mittelstand ... alles immer schön nah am Roten Faden entlang ... ich lächelte über Job-Wiedereinstiegsprogramme für Mütter ... bis ... ja bis wann eigentlich?

Homeofficearbeitsplatz
Im Homeoffice ist es auch schön ... ABER ...

Auch während der Schwangerschaft und kurz danach war ich noch hochmotiviert. Neun Wochen nach Minis Geburt stand ich das erste Mal wieder im Büro. Wir haben die Betreuung der Mini 50/50 geteilt. Mit dieser Idee stießen wir, als Säuglingsmama und -papa, noch auf viel Toleranz bei Arbeitgebern und Arbeitskollegen.

Aber irgendwann ist natürlich Ende im Gelände mit Teilzeit im Job. Kurz vor Ablauf der Elternzeit landete ich auf dem Boden der Tatsachen. Führungspositionen sind in Teilzeit tatsächlich schwer praktikabel. Die Idee von Jobsharing und flexiblen Arbeitszeitmodellen stieß nur begrenzt auf Freude beim Arbeitgeber. Die Betreuungszeiten hier sind mit meinem Job im Zeitalter vor Mini absolut unvereinbar gewesen. Also entschied ich mich zu einem Wechsel. Das ich überhaupt einen Job gefunden habe, ist allerdings mit viel Glück und Vitamin B verbunden gewesen. Ich habe Vorstellungsgespräche geführt, die wirklich unter aller Sau waren. (Die Frage, wieso ich mich überhaupt vor dem zweiten Kind jetzt noch mal bewerbe - und nein, es ist keins geplant und davon war auch nie die Rede - war wohl das Krönchen ...)

Mittlerweile weiß ich aus vielen Gesprächen, dass dieses Problem wirklich viele Mütter betrifft. Sie werden rausgemobbt, weil Führungsetage und/oder Kollegen die Teilzeitstellen nicht mittragen wollen. Die Stellen werden während der Elternzeit gestrichen, anderweitig fest (und nicht nur für die Zeit der Elternzeit) besetzt oder es werden die wildesten Abfindungsmodelle angeboten.

Wo ist das Problem?

Im Grunde kann ich es ja verstehen. Das Problem ist ein ganz einfaches und betrifft, meiner subjektiven Empfindung nach, tatsächlich hauptsächlich Frauen. Auch wenn die teilweise weitaus höher qualifiziert sind, als der zugehörige Papa: wir sind in den Augen der Arbeitgeber einfach weniger flexibel. Jetzt kann man sich die ganze Sache natürlich schön reden und erzählen, dass die Papas auch die Betreuung übernehmen können, dass es Betreuungsplätze gibt und Tagesmütter. Man kann noch so gut organisiert sein, irgendwann stößt jede Mama an ihre organisatorischen Grenzen. Hier mal das Zitat einer Freundin aus einem Gespräch über die investierten Studiengebühren: "So ist unsere Gesellschaft aber. Für Mütter gibt es kaum Platz. Die will auch keiner... unzuverlässig, unflexibel, andere Prioritäten usw ... da kannst du so gebildet sein, wie du nur willst."

 

Als Arbeitgeber würde ich mich auf den ersten Blick auch lieber mit 23 einstellen. Damals war ich als Berufseinsteiger weitaus günstiger, hatte jede Menge Freizeit, die ich für Überstunden nutzen konnte, ohne zu Hause anzurufen und es war mir völlig egal, ob ich die kompletten Ferien arbeiten musste oder eben nicht.

Lösungen für Mütter und Unternehmen

Jetzt bin ich allerdings um einiges erfahrener, konnte im Laufe der letzten Jahre von meinen eigenen und auch von fremden Fehlern lernen, brauche nicht mehr so lange um Lösungen zu finden, mich in neue Aufgabenbereiche einzuarbeiten und konnte mich zwischenmenschlich ausprobieren. (Nein, dass soll keine Werbung für mich selbst sein, sondern ein Plädoyer für Mütter im Allgemeinen werden. Ich bin in Teilzeit versorgt, arbeite im Homeoffice zusätzlich ein wenig frei .... aber das funktioniert eben nicht für alle Berufsgruppen.)

 

Liebe Unternehmer, liebe Personaler,

gebt Müttern eine Chance. Es lohnt sich, sich über flexible Arbeitszeitmodelle zu informieren, mit ihnen zu experimentieren oder sie zumindest in Erwägung zu ziehen. Das rentiert sich nicht nur für ein gutes Image, Arbeitgeberbranding oder zur allgemeinen Pflichterfüllung.

Mitarbeiter, denen neue Möglichkeiten und Arbeitsmodelle angeboten werden, sind auch motiviert, sich in diesen zu beweisen. Zudem wird eine neue Offenheit gegenüber Müttern am Arbeitsplatz auch neue Quellen für qualifiziertes Personal öffnen. Viele Studien beweisen, dass Mütter nicht nur zu Hause, sondern auch im Job produktiver sind.

 

Neulich habe ich irgendwo eine Diskussion über zusätzliche Urlaubstage für Frauen während ihrer Periode gelesen. Darüber konnte ich nur lächeln, denn es scheitert an viel einfacheren Dingen: Kinderbetreuung am Nachmittag (und ich meine nicht 19.00 Uhr, sondern nach 13:00 Uhr), höheren Lohnnebenkosten bei Jobsharing und Angst vor dem Aufwand von Teilzeit- und Homeoffice-Lösungen.

Ich finde eine Quotenregelung übrigens nur wenig förderlich. Ich denke es muss ein Umdenken stattfinden. Auch politisch,: die Betreuungsangebote sind zu großen Teilen unflexibel, wenig praktikabel und in Verbindung mit Job oft eine Katastrophe - übrigens zu meiner Überraschung spätestens dann, wenn die Kinder in die Schule kommen.

Mal ganz im Ernst, natürlich muss nicht jede Mutter arbeiten. Ich genieße es gerade auch sehr, viel Zeit für Kind und Hunde zu haben. Aber sollte nicht zumindest die Möglichkeit bestehen. Ich beneide die Schweden und Französinnen ein wenig darum. Bevor ich selber Mutter wurde, habe ich mir über diese Problematik gar keine Gedanken gemacht. Im Studium habe ich davon nichts gehört, auch nicht in "Organisation und Personalführung", in "Management/Wirtschaft" oder im Zusammenhang zum Theoriewissen der "Corporate Identity". Dabei haben das Problem oder zumindest den Gedanken daran doch fast 50% der Arbeitnehmer irgendwann in ihrem Leben??? Die einzige Andeutung zu diesem Thema habe ich mal von einer Professorin bekommen. Sie meinte: Seien sie platziert vor ihrem 30. Lebensjahr. Frauen mit und ohne Kinderwunsch im "falschen Alter" bekommen schwer eine Anstellung und wenn, dann keine unbefristeten Verträge.

Das soll tatsächlich die Situation sein, womit wir Frauen uns zufrieden geben müssen?

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Kommentare: 1
  • #1

    Karina (Dienstag, 18 April 2017 19:41)

    Ja, ich habe ähnliche Probleme gehabt. Jetzt bin ich selbstständig, arbeite mehr als je zuvor und bringe es trotzdem mit den Kindern unter einen Hut. Ich glaube die meisten Chefs und Firmeninhaber denken einfach noch zu starr. Schade eigentlich. Im Silocon Valley werden die Eltern und die Kinder morgens mit dem Bus abgeholt. Zur gleichen Zeit ... ;)